ECHT – EMPOWERED – ERFOLGREICH

Interview mit Claudia Alexandra Figl, MAS, CFP®, TEP

Die Karrierewege sind nicht immer von einem klaren Plan geprägt. Manchmal entfaltet sich eine erfolgreiche berufliche Laufbahn auf eine unvorhersehbare Weise – step by step. Claudia Figl, Bereichsleiterin für Privatbanking Clients und Partnerin der Bank Gutmann, zeigt es vor: eine Karriere, die von Vielfalt, Selbstentdeckung und proaktivem Handeln geprägt ist.

Damit die Karriereentwicklung nicht ins Stocken gerät, ist es wichtig, aktiv die eigenen Möglichkeiten zu erkunden, weiß Claudia Figl, und das hat sie selbst gelebt. Die Karriere ist eine Reihe von „bewussten Entscheidungen“, um verschiedene Positionen zu entdecken und sein Fachwissen zu erweitern. Figl war selbst immer bestrebt, sich weiterzuentwickeln, nach Optionen zu suchen und neue Herausforderungen anzunehmen. „Ich war damals bei der Zentralsparkasse, die dann zur Bank Austria wurde. Ich genoss die Vielfalt an Möglichkeiten in einem großen Konzern. Deshalb suchte ich damals nicht nach einem neuen Arbeitgeber, da ich innerhalb des Unternehmens erkunden konnte, was der nächste Schritt für mich sein könnte“, erklärt Figl. Man sollte aktiv nach Gelegenheiten suchen und nicht passiv auf den nächsten Schritt warten.

Mentoren sind entscheidend für den Werdegang

Mentoren spielen bei der Karriere eine zentrale Rolle. So meint Figl: „Mentoren waren entscheidend für meinen Werdegang. Sie halfen mir, Klarheit in meinen Zielen zu finden und boten wertvolle Einsichten, die mein Denken und meine Herangehensweise an verschiedene berufliche Herausforderungen veränderten.“ Mentoren sind hierbei wie ein Kompass, der Orientierung und Sicherheit in einem dynamischen Berufsumfeld gibt. Sie sagt: „Die persönliche Führung und berufliche Orientierung, die ich durch Mentoring erhielt, waren für mich entscheidend bei der Bewältigung herausfordernder Karriereübergänge.“ Diese Unterstützung half nicht nur, klare Ziele zu setzen, sondern auch, verschiedene Perspektiven auf Situationen zu gewinnen und so besser fundierte Entscheidungen treffen zu können.

Frauen in der Bankenbranche: Herausforderungen und Chancengleichheit

„Es ist klar erkennbar, dass trotz Fortschritten immer noch stereotype Denkmuster und alte Rollenbilder aufgebrochen werden müssen“, streicht Figl hervor. Denn in der Bankenbranche sind Frauen, trotz ihres starken Anteils in der Belegschaft, in leitenden Positionen nach wie vor unterrepräsentiert. Diese Diskrepanz zwischen der hohen Präsenz von Frauen in der Branche und ihrem geringen Anteil in Führungsrollen bleibt eine Herausforderung. Frauen sind mit Hindernissen konfrontiert, um in höhere Führungspositionen aufzusteigen. Es braucht hierbei eine ausgewogene Förderung von Talenten, um Chancengleichheit zu gewährleisten. Die Realität zeigt, dass trotz erzielter Fortschritte in der Gleichstellung immer noch stereotype Rollenbilder überwunden werden müssen, um Frauen die gleichen Möglichkeiten für Karrierefortschritte in der Bankenwelt zu bieten. Figl meint hierzu: „Es ist wichtig, dass Unternehmen aktive Maßnahmen ergreifen, um Frauen in Führungspositionen zu unterstützen. Eine ausgewogene Förderung von Talenten, ohne einseitig nur Frauen oder Männer zu bevorzugen, ist entscheidend.“


„Erfolgsfaktoren für Chancengleichheit beinhalten die Bereitstellung entsprechender Arbeitsmodelle.“

Claudia Alexandra Figl, Partnerin und Bereichsleiterin Private Clients der Bank Gutmann, erzählt im Interview von ihrer eigenen Karriere, der Bedeutung von Finanzbildung und dem Durchbrechen von Denkmustern zum Erreichen von Chancengleichheit.

ZINGL: Sie sind Bereichsleiterin für Private Banking Kund:innen und Partnerin der Bank Gutmann – war es schon immer Ihr Plan, in einer Bank zu arbeiten, oder hat sich das eher ergeben?

FIGL: Es war kein Kindheitstraum, aber ich habe meinen Job richtig lieben gelernt. Nach einem Au-pair-Aufenthalt in Schottland startete ich zunächst in einer Rechtsanwaltskanzlei. Ein sehr spannendes Betätigungsfeld, aber als alleinige Assistentin fehlte mir der Kontakt zu anderen Menschen, und so begann ich in einer Bank zu arbeiten. In einer Filiale lernte ich das Bankgeschäft von Grund auf kennen. Im Rahmen der Sparkassenausbildung absolvierte ich Schalterdienst, Kassiertätigkeiten, Privatkunden- und Kreditgeschäfte sowie das Firmenkundengeschäft. Ich entdeckte rasch meine Vorliebe für die internationale Wirtschaft und das Wertpapiergeschäft und bewarb mich intern für eine Rolle in einer der internationalen Beteiligungsgesellschaften. Mir wurde daraufhin ein Auslandseinsatz in der slowenischen Tochterbank zur Analyse und Strukturierung des Privatkreditgeschäfts angeboten. Das war mein Einstieg in die große weite Welt. Nach meiner Rückkehr in die Filiale wusste ich, dass ich für den nächsten Schritt bereit war und wechselte zur Abteilung International Private Banking der Bank Austria.
 

ZINGL: Das bedeutet, dass Sie Ihre Karriere nicht im Voraus geplant haben, aber doch in Ihrem Beruf immer darauf geachtet haben, was Sie interessiert und welcher Karriereschritt als Nächstes kommen sollte. War es für Sie wichtig, den Arbeitgeber zu wechseln, um Ihre berufliche Entwicklung voranzutreiben, oder haben Sie immer nach den besten Möglichkeiten für die eigene Weiterentwicklung geschaut?

FIGL: Begonnen habe ich meine Bankkarriere bei der Raiffeisen Landesbank. Von dort wechselte ich zur Zentralsparkasse, die durch mehrere Fusionen zur heutigen UniCredit Bank Austria wurde. Ich genoss 15 Jahre lang die Vielfalt an Möglichkeiten in einem großen Konzern. Zuletzt als Leiterin des Ressorts International Private Banking bei der Bank Privat, einer damaligen Tochter der Bank Austria. Während dieser Zeit konnte ich viele Aus- und Weiterbildungen im fachlichen wie auch persönlichkeitsbildenden Bereich absolvieren. Ich wurde zur Trainerin ausgebildet und habe Seminare mit Fokus auf die Kategorien „Verkauf“ und „Finanzierungen“ für Kolleg:innen gehalten.

Beim Wechsel zur Bank Gutmann startete ich zunächst als Senior Kundenbetreuerin, vorerst ohne Personalverantwortung. Ich war bald bereit für die nächste Führungsrolle und kommunizierte das auch klar. So übernahm ich die Teamleitung und dann die stellvertretende Bereichsleitung für das internationale Geschäft. Seit 2014 verantworte ich gemeinsam mit zwei weiteren Bereichsleitungskolleg:innen das Privatkundengeschäft der Bank Gutmann.
 

ZINGL: Aber Sie sind ja auch Partnerin der Bank. Wie wird man Partner:in in einer Privatbank?

FIGL: Um Partner:in in einer Privatbank zu werden, sollten mehrere spezifische Kriterien erfüllt werden. Diese können je nach Bank variieren. Im Allgemeinen umfassen sie: fachliche Qualifikation und Erfahrung, Reputation und Netzwerk, Flexibilität, Ethik und Integrität sowie die persönliche Identifikation mit den Werten und der Unternehmenskultur der Bank. Langfristige Geschäftsbeziehungen und Netzwerke sind entscheidende Erfolgsfaktoren einer international agierenden Privatbank. Die Fähigkeit, starke und nachhaltige Beziehungen zu Kunden und anderen Geschäftspartnern aufzubauen und zu pflegen, ist entscheidend. Bei der Bank Gutmann sind aktuell 28 leitende Mitarbeiter:innen Partner:innen der Bank. Das Partnerkonzept ist Teil des spezifischen Geschäftsmodells dieser traditionsreichen Privatbank.
 

ZINGL: Das heißt, Sie sind Miteigentümerin einer Bank aufgrund Ihres beruflichen Erfolges?

FIGL: Ja, seit 2016 halte ich eine Beteiligung in Form von Partizipationsscheinen.
 

ZINGL: Neben Ihrem Job haben Sie noch eine zweite Leidenschaft, und zwar die Finanzbildung. Da sind Sie die Vorsitzende des Verbandes Austrian Financial Planners, der sich unter anderem um das Thema Finanzbildung bemüht. Wie ist es dazu gekommen und was sind die Ziele, die Sie hier verfolgen?

FIGL: Der Verband setzt sich einerseits für die Etablierung und Durchführung von transparenten und objektiven Beratungsstandards in der Finanzbranche ein und widmet sich andererseits auch dem Thema Finanzbildung. Ich habe im Jahr 2002 als eine der ersten zwölf Absolvent:innen die Ausbildung zum Certified Financial Planner – CFP® in Österreich abgeschlossen. Seither habe ich mich für das Thema Financial Planning und die gesamtheitliche Vermögensberatung interessiert. Im Rahmen meiner ehrenamtlichen Tätigkeit kann ich mich so für eine hochwertige Beratungsqualität, basierend auf einem ethisch einwandfreien Beratungskodex, sowie für einen besseren Bildungsstandard in Finanzfragen einsetzen. In den letzten Jahren haben wir als gemeinnütziger Verein unter anderem einen Bildungsauftrag wahrgenommen, indem wir in Kooperation mit der Wirtschaftsuniversität Wien interessierte Zertifikatsträger:innen zu Finanzbildungs-Coaches ausgebildet haben, die in Schulen Unterrichtsstunden zu unterschiedlichen Themenstellungen übernehmen können. Es geht uns im Verband somit nicht nur um die Aus- und Weiterbildung unserer Zertifikatsträger:innen, sondern auch um die finanzielle Bildung von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Es ist alarmierend, dass der größte Anteil der österreichischen Privatkonkurse in der Altersgruppe von 20 bis 30 Jahren auftritt. Viele Betroffene haben nie gelernt, wie man vernünftig mit Geld umgeht, oder den Wert eines „Notgroschens“ verstanden.

Beruflich berate ich Personen, die ihr Vermögen erhalten und vermehren möchten. Auch für diese Zielgruppe ist es wichtig zu verstehen, wie sie ihre Finanzen effektiv managen und ihren Bedürfnissen und individuellen Zielen entsprechend investieren können. Bereits vor mehr als 30 Jahren habe ich mit meinen Kund:innen wiederholt über die Problematik einer drohenden Pensionslücke gesprochen. Die Herausforderung liegt darin, bei Menschen Betroffenheit für etwas zu erzeugen, das erst in 30 bis 40 Jahren relevant sein wird. Dieses fehlende Bewusstsein für langfristige Finanzplanung und Vorsorge ist auch heute noch ein vielfach unterschätztes Problem.
 

ZINGL: Denken Sie, dass das Thema finanzielles Wohlbefinden und Unabhängigkeit für beide Geschlechter gleichermaßen relevant ist und möglicherweise Verbesserungsbedarf besteht? Oder haben Sie den Eindruck, dass Themen wie die Pensionslücke eher Frauen stärker betreffen als Männer?

FIGL: Bedauerlicherweise betrifft das Thema Altersarmut Frauen überdurchschnittlich stark. Einer der Hauptgründe ist, dass sich Frauen oft zu sehr auf die finanzielle Unterstützung ihres Partners verlassen. Häufig verdienen Frauen in Relation zu Männern weniger, da sie sich stärker auf die Familienorganisation und Kindererziehung konzentrieren, dadurch weniger Stunden arbeiten und dann in ihrer beruflichen Karriere zurückbleiben.

Bei Trennungen sind es meist die Frauen, die bemerken, dass sie nicht ausreichend für ihre eigene Absicherung vorgesorgt haben. Selbst in funktionierenden Beziehungen ist es wichtig, selbstständig an die eigene Vorsorge zu denken und für finanzielle Unabhängigkeit zu sorgen.

Es ist mir deshalb ein persönliches Anliegen, mich für eine bessere Finanzbildung von Frauen einzusetzen, damit es ihnen gelingt, ein finanziell eigenständiges Leben führen zu können.
 

ZINGL: Der Karriereweg von Frauen, insbesondere in Banken, ist ein Thema, das uns im Bankenverband sehr am Herzen liegt. Es fällt auf, dass, obwohl der größte Teil der Bankbeschäftigten Frauen sind, der Frauenanteil in Führungspositionen und im Vorstand deutlich abnimmt. Das wirft die Frage auf, warum das so ist und wie diese Situation verbessert werden kann. Wie kann man für Frauen mehr Chancengleichheit im Beruf erreichen? Als Frau, die auch in einer Bank Karriere gemacht hat, welche konkreten Erfolgsfaktoren würdest Sie nennen, um die Chancengleichheit zwischen Männern und Frauen in der Karriere zu verbessern?

FIGL: Es ist klar erkennbar, dass trotz der bisherigen Fortschritte immer noch stereotype Denkmuster und alte Rollenbilder aufgebrochen werden müssen. Erfolgsfaktoren für Chancengleichheit beinhalten heutzutage die Bereitstellung entsprechender Arbeitsmodelle. Frauen sollten auch in Teilzeit Führungspositionen übernehmen können. Es ist wichtig, dass Mitarbeiterinnen, die eine Auszeit für die Kindererziehung nehmen, bei ihrer Rückkehr eine angemessene Position vorfinden und an ihre vorherige berufliche Laufbahn nahtlos anknüpfen können. Bei der Bank Gutmann schreiben wir zum Beispiel alle Stellenangebote in Voll- und Teilzeit aus, damit sich sowohl interne wie auch externe Bewerberinnen entsprechend angesprochen fühlen.

Frauen sollten stärker in Entscheidungsprozesse einbezogen und mit verantwortungsvollen Aufgaben betraut werden, insbesondere bei Projekten. Denn Diversität ist für jedes Team und jeden Prozess eine Bereicherung.

Das bei Gutmann etablierte Diversity Board sorgt u. a. für die Anerkennung und Förderung von Diversität und Inklusion am Arbeitsplatz.
 

ZINGL: Die Balance zwischen Karriere und Familie ist ein Bereich, in dem Arbeitgeber wie Banken unterstützend tätig sein können. Ein weiteres relevantes Thema ist die Entwicklung von Führungskräften. Inwiefern sehen Sie Frauenförderung als wichtigen Aspekt in der Bank?

FIGL: Ich bin überzeugt, dass die Förderung von Talenten unabhängig vom Geschlecht erfolgen muss. Männliche Talente sollen genauso unterstützt werden wie weibliche oder diverse. Es ist wichtig, Ausgewogenheit zu gewährleisten, ohne ein Geschlecht zu bevorzugen. Wir Frauen wollen nicht (nur) wegen unseres Geschlechts gefördert werden. Wir verfügen über vielfältige Qualitäten und Ressourcen, die berücksichtigt und gezielt eingesetzt werden sollen. Hierbei können firmeninterne Förderprogramme oder Mentoring-Programme passend sein.
 

ZINGL: Was man auch oft hört, ist die Aussage: ‚Frauen trauen sich eine Führungsposition nicht zu. Wir würden gerne eine Frau einstellen, aber es bewirbt sich niemand oder es wird uns abgesagt.‘

FIGL: Leider besteht diese Tendenz immer noch, die ich auch bei mir selbst beobachtet habe: Wenn ich nicht zu 100 % überzeugt war, ALLE Anforderungen zu erfüllen, zögerte ich. Frauen sollten lernen, mehr zu riskieren und sich mehr zu erlauben. Manchmal ist weniger mehr. Es ist nicht notwendig, immer alle Anforderungen zu erfüllen. Es kann trotzdem gut funktionieren, wenn man es entschlossen versucht und bereit ist, dazuzulernen und sich weiterzuentwickeln.
 

ZINGL: Es ist wichtig, mutig zu sein und Herausforderungen auch anzunehmen, selbst wenn man die Jobbeschreibung nicht zu 100 % erfüllt, sondern vielleicht nur zu 80 %. Die restlichen 20 % können sich entwickeln oder ergänzt werden. Es braucht Mut zur Lücke.

FIGL: Jede und jeder wächst mit Herausforderungen. Manchmal beschreiben Stellenanzeigen Dinge, für die man nur über theoretische Kenntnisse verfügt. Doch Erfahrung muss erst gesammelt werden, und eine neue Rolle kann gut dafür genutzt werden. Im Hinblick auf einen scheinbaren Mangel an qualifizierten Frauen wurde zum Beispiel das Zukunft.Frauen-Führungskräfteprogramm – eine gemeinsame Initiative des Bundesministeriums für Arbeit und Wirtschaft, der WKO Wirtschaftskammer Österreich und der Industriellenvereinigung – ins Leben gerufen, um eine stärkere Repräsentanz von Frauen in Führungspositionen zu erreichen.

Früher hieß es oft von Unternehmen, dass es keine passenden Kandidatinnen gäbe, aber mittlerweile gibt es allein durch dieses Netzwerk bereits mehr als 400 bestens qualifizierte Frauen. Sie haben das Zukunft.Frauen-Führungskräfteprogramm absolviert und stehen für die Übernahme von Management- und Aufsichtsratspositionen zur Verfügung. Die Ausrede ‚es gibt niemanden‘ zählt nicht mehr.
 

ZINGL: Thema Netzwerke: Frauen brauchen ein entsprechendes Netzwerk, um auf der einen Seite zu erfahren, welche Positionen es überhaupt gibt und um andererseits für neue Positionen empfohlen zu werden.

FIGL: Wer darauf wartet, entdeckt zu werden, wird in der Regel lange warten. Es ist wichtig, aktiv die sogenannte Extrameile zu gehen, Interesse zu zeigen und auf sich aufmerksam zu machen, indem Frau bei Netzwerkveranstaltungen präsent ist und sich austauscht. Es nutzt dem persönlichen Vorteil, Informationen zu bekommen oder sich dafür zu interessieren, wo man einen sinnvollen Beitrag leisten kann. Und wenn es mich selbst betrifft, andere Frauen auf ihrem Weg zu unterstützen und zu fördern. Auch mich haben einige Mentoren und Mentorinnen auf meinem Weg begleitet und mir bei wichtigen Entscheidungen den Rücken gestärkt.
 

ZINGL: Wie sind Sie zu diesen Mentorinnen und Mentoren gekommen? Wer hat Ihnen diese zur Seite gestellt? Haben Sie sich die selbst gesucht oder über das Unternehmen bekommen?

FIGL: Das erste professionell organisierte Mentoringprogramm habe ich bei der Bank Austria kennengelernt. Dort gab es einen Mentorenpool, aus dem jeder Mentee auswählen konnte. Ich habe mir damals Hannes Saleta von der Capital Invest ausgesucht, eine ausgezeichnete Entscheidung. Er begleitete mich dann auch beim Wechsel von der Bank Austria zur Bank Gutmann und bot mir Unterstützung in unterschiedlichen Phasen meiner Karriere an.

Interessanterweise hatte ich auf meinem beruflichen Weg hauptsächlich männliche Mentoren. Einige habe ich bewusst ausgewählt, andere ergaben sich einfach. Mein erster Mentor, der mir Raum für meine persönliche Weiterentwicklung gab, war der Leiter der Bankfiliale bei der Zentralsparkasse. Er schränkte seine Mitarbeiter:innen nicht ein, sondern ermutigte sie, sich mit Ideen einzubringen und förderte diese. Ich habe ihn damals nicht bewusst als Förderer wahrgenommen, aber im Nachhinein betrachtet war er definitiv ein Mentor für mich.
 

ZINGL: Und jetzt sind Sie selbst Mentorin. Was sind aus Ihrer Sicht die wichtigsten Aufgaben beim Mentoring?

FIGL: Beim Mentoring bringe ich eigene Karriereerfahrungen ein. Mentees sind oft mit Fragestellungen konfrontiert, die ich selbst bereits erlebt habe. Es geht um berufliche Entwicklung, Gesprächsführung und Konfliktlösung. Es ähnelt stark dem Coaching, bei dem man keine fertigen Lösungen präsentiert, sondern die Mentees bei bewussten Entscheidungen unterstützt und als Sparringspartner:in zur Verfügung steht.

Im Rahmen des BIC-Cross Mentoring-Programms durfte ich bereits mehrere Mentees auf ihrem Weg begleiten und hatte dabei das Glück, mit einem weiteren Mentor an meiner Seite arbeiten zu dürfen. Statt einem Tandem bildeten wir somit ein „Tridem“. Diese Zusammenarbeit war für mich sehr inspirierend, denn mein Kollegen-Mentor und ich lernten viel voneinander und von den Mentees, die meist am Anfang ihrer Karriere standen. Ihre Sichtweise auf das Unternehmen, ihre Einstellung zum Job sowie ihre Erwartungen an die heutige Arbeitswelt fand ich besonders interessant.

Auch in der Bank Gutmann setzen wir bewusst auf die Vorteile des Mentorings. Jede:r neue Mitarbeiter:in bekommt eine:n Mentor:in an die Seite gestellt, um den Einstieg ins Unternehmen und die Vernetzung mit den Kolleg:innen zu unterstützen und damit für eine rasche Integration zu sorgen.
 

ZINGL: Worauf sollten Frauen bei ihrer Karriereplanung besonders achten, um sich auf eine Spitzenposition vorzubereiten?

FIGL: Es ist wichtig, sich Ziele zu setzen und Ideen zu haben, anstatt passiv darauf zu warten, entdeckt zu werden. Wer aktiv durch Handlungen überzeugt, sich einbringt, Ziele erreicht, Vorschläge macht und sich weiterentwickelt, sammelt neben Erfahrung auch Wertschätzung. Sowohl fachlich als auch persönlich gibt es viele Möglichkeiten und Tools, die Frau nutzen kann.
 

ZINGL: Wo sehen Sie Hindernisse für Frauen auf dem Weg zu Spitzenpositionen, die man meistern muss?

FIGL: Ein gewisses Maß an Eigenmarketing zu betreiben und sich selbst angemessen zu präsentieren, ist unerlässlich. Oft werden Frauen im Unternehmen zu wenig wahrgenommen. Hier ist es wichtig, für die eigene Sichtbarkeit Sorge zu tragen. Frauen neigen manchmal dazu, ihre Leistungen als selbstverständlich anzusehen, anstatt stolz auf das bereits Erreichte zu sein und Erfolge mit anderen zu teilen. Ein Hindernis kann auch sein, dass es nicht gleich so läuft, wie Frau es sich vorstellt und z. B. bei Vergabe einer Position jemand anderer bevorzugt wird. Davon nur nicht zurückschlagen lassen, sondern sagen: Jetzt erst recht.
 

ZINGL: Am 25. Oktober letzten Jahres war der Gender Pay Gap Day, welcher deutlich macht, dass Frauen weniger verdienen als Männer. Wie fühlen Sie sich an so einem Tag, wenn Sie das in den Medien hören? Die Männer müssen quasi nur bis zum 25. Oktober arbeiten, um das zu verdienen, was die Frauen erst am Ende des Jahres als Gehalt verdient haben.

FIGL: Diese Tatsache ist enttäuschend, weil gleiche Qualifikation und Leistung gleich bezahlt werden sollten. Es gibt keinen logisch nachvollziehbaren Grund, der die Differenz erklärt. Allerdings gibt es Studien, dass Unterschiede schon in der Kindheit beim Taschengeld beginnen. Nämlich, dass Mädchen weniger Taschengeld bekommen als Buben – warum, ist mir ein Rätsel.

Es gibt noch viel zum Thema Chancengleichheit zu tun. Ich sehe meine Funktion als Financial Planner darin, so gut wie möglich zu informieren, für eine gewisse Gerechtigkeit und einen Ausgleich zu sorgen. Als Bereichsleiterin und Partnerin bei Gutmann stehe ich meinen Kolleg:innen als Expertin im Private Banking und als Mentorin zur Verfügung.
 

ZINGL: Meinen Sie, dass der Mangel an Vielfalt bei einem Arbeitgeber für junge Menschen ein Grund sein könnte, einen Job abzulehnen, selbst wenn das Gehalt sehr attraktiv wäre?

FIGL: Ich denke, dass das Gehalt zum Beispiel bei der Generation Z eine untergeordnete Rolle spielt. In dieser Generation geht es eher um Arbeitsmodelle, Flexibilität und vor allem darum, ob die Arbeit einen Sinn ergibt. Um Fragen wie: Ist meine Tätigkeit sinnvoll? Kann ich mich entfalten, gestalten und weiterentwickeln? Ist eine gute Work-Life-Balance möglich? Dies wird immer wichtiger, besonders mit der starken Präsenz von IT-Themen in unserem Alltag. Diese Aspekte sind entscheidende Faktoren für zukünftige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
 

ZINGL: Abschließend, welche Ratschläge würden Sie jungen Frauen geben, die sich noch am Anfang ihres Berufslebens befinden?

FIGL: Entwickelt Selbstbewusstsein und lasst euch nicht von Stereotypen einschränken. Bleibt neugierig, aktiv, bildet euch weiter und macht durch konkrete Taten auf euch aufmerksam. Weckt das Interesse an eurer Person, ihr seid es (euch) wert.