ECHT – EMPOWERED – ERFOLGREICH
Interview mit Dr. Tamara Kapeller
Es lohnt sich, die eigenen Erwartungen zu kommunizieren
Wann ist eine Karriere erfolgreich? Das hängt auch von den eigenen Zielen und Wünschen ab. Um diese zu erreichen, ist es wichtig, die eigenen Erwartungen zu kommunizieren, meint Tamara Kapeller, Aufsichtsrätin bei der BAWAG Group.
Eine Führungsposition mit Mitarbeiterverantwortung ist für viele Menschen die Definition von Erfolg. Nicht zwingend, findet Kapeller. „Erfolg ist etwas ganz Individuelles, das von den eigenen Wünschen, Zielen, aber auch Fähigkeiten abhängt.” Erfolg sei, sich selbst Ziele zu setzen, diese zu verfolgen und dann auch zu erreichen, so Kapeller. Ziele, betont Kapeller, würden sich aber auch mit der Zeit und den eigenen Interessen verändern. Sie selbst hat nach ihrem Jus-Studium in einer Wirtschaftskanzlei im Bereich Bank- und Kapitalmarktrecht gearbeitet. Der Wechsel zur BAWAG ist aufgrund ihres Interesses an der Bankbranche erfolgt. „Ich habe gemerkt, dass mich besonders die Umsetzung der rechtlichen Stellungnahmen, die wir für unsere Mandanten aufbereitet haben, interessiert.”
Doch auch in einer Bank können unterschiedliche Themen entdeckt und damit verbundene Ziele verfolgt werden. Die Zeit seit ihrem Einstieg bei der BAWAG charakterisiert Kapeller als „abwechslungsreich, mit unterschiedlichsten Aufgabengebieten“. Das zeigt ihre Vita: Von der Rechtsabteilung über die Leitung des Generalsekretariats sowie anschließend des neu gegründeten Non-Financial Risk & Regulatory Compliance Bereichs bis hin zum Chief Human Resources Officer und nun Aufsichtsrätin mit Fokus auf Nachhaltigkeit, so vielfältig sind ihre Stationen bei der BAWAG.
Wie sich die eigene Karriere entwickelt, hängt unter anderem von den Interessen und Aufgabenfeldern, die man übernimmt und übernehmen möchte, ab. Wichtig ist es deshalb, sich im Vorfeld gut zu überlegen, ob tatsächlich eine Führungsposition zu einem passt, oder ob doch eine FachexpertInnen-Karriere den Interessen mehr entspricht. „Beides sind spannende Wege”, findet Kapeller.
Vorbilder im eigenen Umfeld suchen
Wer für die eigene Karriere Orientierung sucht, landet schnell bei Vorbildern. Oft sind Vorbilder bekannte und berühmte Persönlichkeiten. Dabei lohnt es sich, auch im eigenen Umfeld nach Vorbildern zu suchen. „Ich habe nicht das eine Vorbild. Ich bin vielen Menschen begegnet, von denen ich etwas lernen konnte, die mich unterstützt haben und die für mich als Vorbilder agieren. Dazu zählen die ‚klassischen‘ Business-Frauen, PolitikerInnen, aber auch Familienmitglieder und Freundinnen und Freunde”, erklärt Kapeller.
Vorbilder motivieren dazu, sich selbst Ziele zu stecken. Doch welche Motivation gibt es noch, die eigene Karriere zu gestalten? „Immer etwas Neues machen und erlernen zu können”, antwortet Kapeller. Genauso wichtig sei aber auch die Anerkennung und Wertschätzung von MitarbeiterInnen und Vorgesetzten sowie ein motivierendes, spannendes und dynamisches Umfeld.
Um die persönliche Entwicklung voranzutreiben, kann es hilfreich sein, neue Perspektiven einzunehmen. Eine Aufgabe, bei der unter anderem die Unternehmen als Arbeitgeber gefragt sind. „Ein Mentor kann dabei unterstützen, sich im Unternehmen zu vernetzen und über den eigenen Tellerrand zu blicken”, erklärt Kapeller. Das Mentoring-Programm der BAWAG Fraueninitiative sei dafür ein gutes Beispiel. Es habe etwas Zeit benötigt, das Programm zu etablieren. Mittlerweile sei es eine gern genutzte Möglichkeit, die persönliche und berufliche Entwicklung zu fördern und innerhalb des Unternehmens Perspektivenwechsel zu schaffen.
Eigene Erwartungen kommunizieren
Sind die eigenen Ziele gesteckt, so geht es an die Umsetzung des Karriereplans. Ein wichtiger Schritt dafür ist, mögliche Entwicklungspfade mit der eigenen Führungskraft zu besprechen. „Führungskräfte haben nicht zu jeder Zeit alle individuellen Ziele ihrer MitarbeiterInnen im Blick. Umso wichtiger ist es, regelmäßig den Austausch zu suchen”, betont Kapeller die Wichtigkeit des proaktiven Handelns. Durch Feedbackgespräche könne man sich nicht nur selbst bewusst machen, wo man steht oder wie die letzten Monate gelaufen sind, sondern auch der Führungskraft zeigen, welche Erfolge bereits erzielt werden konnte. Die regelmäßigen Feedbackgespräche, betont Kapeller, seien ein wichtiges Instrument, um sich sichtbar zu machen und Erfolge zu zeigen.
Arbeitgeber in der Verantwortung
Gleichberechtigung in Unternehmen fängt jedoch schon früher an. Bereits im Recruiting-Prozess müssen Frauen besser angesprochen werden.
Für Kapeller vor allem eine Aufgabe der Führungskräfte sowie prozessual im Rahmen des Recruiting-Prozesses: „Frauen bewerben sich im Gegensatz zu Männern meistens erst, wenn sie alle Anforderungen einer Position erfüllen. Hier müsste sichergestellt werden, dass die bestmöglichen Kandidatinnen und Kandidaten erreicht werden – intern und extern”. Neben dem Recruiting-Prozess sollen aber beispielsweise auch die Verteilung von Projekten und monetäre Aspekte in die Analyse einfließen. „Die regelmäßige Evaluierung und das Monitoring von HR-KPIs können hierfür hilfreich sein, um, falls nötig, gegensteuern zu können”, findet Kapeller.
Unternehmen werden immer stärker gefordert, wenn es um Arbeitsbedingungen geht. Wer Talente ansprechen und diese im Unternehmen halten möchte, sollte sich mit der Digitalisierung des Arbeitsplatzes und Homeoffice-Möglichkeiten auseinandersetzen. „Das Thema Life-Balance wird mittlerweile regelmäßig proaktiv von Bewerbern angesprochen und eingefordert. Unternehmen müssen sich also gut überlegen, wie sie weiterhin ein attraktiver Arbeitgeber bleiben können“, lautet Kapellers Fazit.
„Wenn man selbst nicht weiß, wo die Reise hingehen soll, wird sich auch eine Führungskraft schwertun, die passende Stelle zu finden.“
Im Gespräch mit dem Bankenverband erklärt Tamara Kapeller, Aufsichtsrätin bei der BAWAG Group, wie wichtig es ist, regelmäßig den Austausch mit der Führungskraft zu suchen und die eigenen Ziele zu kommunizieren.
Tamara Kapeller im Interview mit Valeska Grond-Szucsich
Grond-Szucsich: Mit Ihrem Weg hin zur Aufsichtsrätin bei der BAWAG Group sind Sie für Viele ein Vorbild. Für so eine erfolgreiche Karriere braucht es auch hochgesteckte Ziele. Hatten Sie, um diese Position zu erreichen, klare Karriereziele?
Kapeller: Meine Karriereziele haben sich über die Zeit entwickelt und mit den Aufgaben, die ich im Laufe meiner Karriere bisher übernommen habe, auch immer ein Stück verändert. Nach meinem Jus-Studium habe ich bei einer Wirtschaftskanzlei begonnen, wo ich hauptsächlich Bank- und Kapitalmarktrecht betreut habe. Ich habe gemerkt, dass mich vor allem die Umsetzung der Ergebnisse, die wir für unsere Mandanten aufbereiten, interessiert. Da war der Weg in eine Bank mehr oder weniger vorgegeben.
Grond-Szucsich: Bestimmend war also zunächst einmal das Interesse am Bereich Banking?
Kapeller: Genau. So bin ich auch zur BAWAG gekommen. Dort war mein Weg durch wechselnde Aufgabenbereiche gekennzeichnet. Nach einiger Zeit in der Rechtsabteilung habe ich die Leitung des Generalsekretariats und anschießend des neu gegründeten Non-Financial Risk/Compliance Bereichs übernommen. Zuletzt verantwortete ich den Bereich Human Resources. Seit September bin ich Aufsichtsrätin bei der BAWAG Group.
Grond-Szucsich: Und das war so geplant?
Kapeller: Nein, als ich vor 13 Jahren bei der BAWAG begonnen habe, war das nicht geplant. Ich glaube, man sieht aber an den einzelnen Positionen, dass sich die Interessen verändern und auch die damit verbundenen Ziele. Als Aufsichtsrätin wird Nachhaltigkeit ein Schwerpunkt sein, ein Thema, mit dem ich mich im Bereich HR schon beschäftigt habe, als Aufsichtsrätin nun aber meine volle Aufmerksamkeit darauf legen kann.
Grond-Szucsich: Aufsichtsrätin zu werden ist objektiv betrachtet ein großer Erfolg. Wie definieren Sie Erfolg?
Kapeller: Erfolg ist etwas ganz Individuelles, das von den eigenen Wünschen, Zielen, aber auch Fähigkeiten abhängt. Für mich bedeutet Erfolg, mir ein Ziel zu setzen, es zu verfolgen und dann auch zu erreichen. Natürlich ist es schön, wenn andere den eigenen Weg als erfolgreich ansehen, das sollte aber nicht der einzige Gradmesser für Erfolg sein.
Grond-Szucsich: Was motiviert Sie dabei?
Kapeller: Beruflich gesehen, dass ich immer etwas Neues machen und erlernen konnte. Auch die Zusammenarbeit und Anerkennung von Führungskräften und MitarbeiterInnen spielt eine wichtige Rolle. Wir sind in einem absolut spannenden, dynamischen Umfeld, und es tut sich immer etwas. Das motiviert mich.
Grond-Szucsich: In unseren Interviews wird immer wieder die Rolle von Vorbildern betont. Wie ist das bei Ihnen?
Kapeller: Für mich gibt es nicht das eine Vorbild. Ich bin vielen Menschen begegnet, von denen ich etwas lernen konnte, die mich unterstützt haben und die für mich als Vorbilder agieren. Dazu zählen die „klassischen“ Business-Frauen, Politikerinnen, aber auch Freunde, Freundinnen und Familienmitglieder. Besonders beeindruckt haben mich auch immer die Preisträgerinnen des BAWAG Frauenpreises, die in den unterschiedlichsten Bereichen mit Tatkraft, Elan und großer Freude viel bewegen. Mein Tipp dazu wäre, sich Vorbilder im eigenen Umfeld zu suchen. Es müssen nicht immer die bekannten und berühmten Persönlichkeiten sein.
Grond-Szucsich: Welche Tipps würden Sie denn einer jungen Mitarbeiterin noch geben, um eine erfolgreiche Karriere zu machen?
Kapeller: Ich würde erst einmal die Frage zurückspielen und fragen, was Erfolg für einen persönlich bedeutet. Denn beruflicher Erfolg bedeutet nicht zwingend, eine Führungsposition zu übernehmen. Die entscheidende Frage ist, ob Führungsverantwortung tatsächlich das Karriereziel ist oder doch eher die FachexpertInnen-Karriere. Man sollte sich fragen, was heißt Führung für mich. Arbeite ich zum Beispiel gerne mit Menschen zusammen? Beantwortet man diese Fragen für sich, kann man sich die nächsten Schritte überlegen.
Grond-Szucsich: Und was sind die nächsten Schritte?
Kapeller: Der nächste Schritt ist, mit der Führungskraft zu sprechen und mögliche Entwicklungspfade durchzugehen. Dabei sollte man jedenfalls eine konkrete Vorstellung und ein mögliches Ziel vor Augen haben, denn wenn du selbst nicht weiß, wo die Reise hingehen soll, wird sich auch eine Führungskraft schwertun, eine passende Stelle zu finden. Hierbei kann zum Beispiel ein Mentor helfen, um sich im eigenen Unternehmen zu vernetzen und über den eigenen Tellerrand zu schauen.
Grond-Szucsich: Eine Herausforderung ist ja bei vielen Frauen die Sichtbarkeit und das Sichtbarmachen von Interessen.
Kapeller: Das stimmt. Eine allgemein gültige Lösung gibt es dafür, glaube ich, nicht. Aber es lohnt sich, die eigenen Erwartungen zu kommunizieren und proaktiv zu artikulieren. Sichtbar zu werden heißt, Anerkennung zu erhalten und gesehen zu werden. Das kann man bewusst einfordern, indem zum Beispiel Feedback bei der eigenen Führungskraft eingefordert wird. Die wenigsten Führungskräfte haben alle individuellen Ziele der MitarbeiterInnen im Blick. Umso wichtiger ist es, regelmäßig den Austausch zu suchen. Durch Feedbackgespräche kann man sich nicht nur selbst bewusst machen, wo man steht und wie die letzten Monate gelaufen sind, sondern auch der Führungskraft zeigen, wo bereits Erfolge erzielt wurden. Wichtig ist es außerdem, die Möglichkeiten zum Austausch mit Führungskräften wahrzunehmen, um sich engagiert und motiviert zu zeigen.
Grond-Szucsich: Gibt es dabei Unterschiede zwischen Männern und Frauen?
Kapeller: Da tue ich mir schwer. Es gibt genug Studien, die uns zeigen, dass es Charakterzüge gibt, die eher Männern oder Frauen zugeschrieben werden, diese aber ein Ergebnis der Sozialisierung sind. Gerade bei Führungskräften kommt es jedoch sehr stark auf die Persönlichkeit an und auf die Unternehmenskultur.
Grond-Szucsich: Trotzdem gibt es ja immer wieder die Aussage „Frauen trauen sich Führungspositionen oft nicht zu”.
Kapeller: Hier ist zu hinterfragen, warum das so ist. Frauen bewerben sich meistens erst, wenn sie alle Anforderungen an eine Position erfüllen. Männer bewerben sich dagegen eher, auch wenn sie noch nicht allen Anforderungen gerecht werden, weil sie annehmen, die fehlenden Anforderungen über die Zeit zu erlernen. Es wäre nun aber die falsche Reaktion zu sagen ‚Ja, so ist es eben‘. In dem Fall sind Führungskräfte und Experten aus HR gefordert sich zu überlegen, wie man die bestmöglichen Kandidaten und Kandidatinnen im Unternehmen erreichen kann und diese proaktiv ansprechen.
Grond-Szucsich: Was können Unternehmen denn dafür tun? Sind Mentoring-Programme eine Lösung?
Kapeller: Die BAWAG Fraueninitiative hat vor ungefähr acht Jahren ein Mentoring-Programm für Mitarbeiterinnen gestartet. Zu Beginn mussten Kolleginnen noch aktiv angesprochen werden, sich für das Programm zu bewerben. Mittlerweile hat sich das Programm etabliert und stößt bei Mentees und MentorInnen auf großes Interesse. Die Mentoren und Mentorinnen werden dabei ganz individuell ausgesucht, nach Interessen, gewünschten Perspektiven und Erfahrungen der Mentees gematcht und können so einen wertvollen Beitrag für die persönliche Entwicklung bieten.
Grond-Szucsich: Was bedeutet für Sie Gleichstellung?
Kapeller: Das bedeutet für mich, dass Frauen und Männer die gleichen Voraussetzungen haben. Das fängt beim Recruiting an, geht über die Verteilung von Projekten, bis hin zu monetären Aspekten sowie Schulungs- und Weiterbildungsmaßnahmen.
Um hier den Überblick zu behalten, ist ein wichtiges Instrument die regelmäßige Evaluierung und das Monitoring von KPIs, um gegebenenfalls gegensteuern zu können.
Grond-Szucsich: Zum Abschluss unseres Gespräches, wo geht die Reise der Bankenbranche hin?
Kapeller: Das Wichtigste wird weiterhin sein, auf die Wünsche der KundInnen einzugehen und den bestmöglichen Service zu bieten. Hier stellen wir eine stärkere Tendenz zu nachhaltigen Produkten fest. Beim Thema Nachhaltigkeit stehen wir - was die Regulatorik betrifft - erst am Anfang. Hier formt sich zurzeit eine Welle an Neuregulierungen, die auf die Finanz- und Wirtschaftsbranche zukommt. Es ist ein klarer Auftrag der Politik an die Finanzbranche, den Wandel zu einer nachhaltigen Wirtschaft zu unterstützen.
Grond-Szucsich: Welche Rolle spielt die Digitalisierung?
Kapeller: Die Digitalisierung ist ein weiteres zentrales Aufgabenfeld für die Banken. Die Pandemie war hier ein gewaltiger Booster. Unsere KundInnen fordern auch immer stärker ein, ihre Finanzen digital abrufen und nutzen zu können, von überall und möglichst bequem. Qualitative Beratung in den Kernprodukte wie Vorsorge, Anlage und Finanzierung werden aber weiterhin ein wichtiger Baustein bleiben. Auch als Arbeitgeber ist die Digitalisierung ein wichtiger Aspekt. Die MitarbeiterInnen konnten zu Beginn der Pandemie relativ problemlos vom Büro ins Homeoffice wechseln. Vor zehn Jahren wäre das nicht denkbar gewesen. Die Möglichkeit zum Homeoffice wird von vielen MitarbeiterInnen sehr geschätzt. Eine hundertprozentige Anwesenheit im Büro zu verlangen, wird daher, glaube ich, kaum mehr möglich sein und halte ich auch nicht für sinnvoll.
Grond-Szucsich: Für viele junge Leute ist das ein sehr wichtiges Thema.
Kapeller: Genau. Das Thema Life-Balance wird mittlerweile regelmäßig proaktiv von BewerberInnen angesprochen. Wir möchten weiterhin Talente ansprechen und diese auch bei uns behalten. Unternehmen müssen sich überlegen, wie sie ein attraktiver Arbeitgeber bleiben können.