ECHT – EMPOWERED – ERFOLGREICH

Interview mit Mag. Birgit Miklas-Sauer

Birgit Miklas-Sauer ist Head of HR und Mitglied des Managementboards der LGT Bank Österreich. Sie ist durch Zufall in der Bankenbranche gelandet und mittlerweile fest verwurzelt. Sie gestaltet aktiv ein diversitätsfreundliches Arbeitsumfeld.

Nach einem Psychologiestudium und einer Karriere bei einem Big-Four-Berater ist Birgit Miklas-Sauer in der Bankenbranche gelandet und angekommen. Die als „konservativ und verstaubt“ vermutete Industrie hat sich als herausfordernd und spannend herausgestellt. „Ich erlebte ein dynamisches Umfeld“, erinnert sich Miklas-Sauer an ihre ersten Jahre bei der Bank. Die Organisation musste sich sehr schnell weiterentwickeln, weil sie mit völlig neuen Herausforderungen konfrontiert war. Für sie war bereits damals klar, sie will „mitgestalten und an Lösungen mitarbeiten“. Definitiv eine spannende Zeit mit der Finanzkrise 2007. Und ihre damaligen Führungskräfte haben ihr den Raum und den Platz gegeben, „Lösungen zu entwickeln sowie einen Beitrag zu leisten“.

Für Miklas-Sauer standen immer die Menschen im Mittelpunkt ihrer Arbeitswelt. Der ausschlaggebende Grund, im Bankenwesen zu bleiben, war das Zusammenspiel der eigenen Wertvorstellungen mit jenen der Branche: „Da geht es um Vertrauen, Commitment und Freiheit, um finanzielle Unabhängigkeit für die nächsten Generationen sicherzustellen sowie um Nachhaltigkeit. Das sind alles Werte, die mir selbst sehr wichtig sind“, unterstreicht die Managerin.

Weiterkommen und Karriere machen hängt für die LGT-People-Managerin mit der Möglichkeit zusammen, Entscheidungen zu treffen. „Ich habe schon immer ganz starke Triebfedern gehabt. Ich wollte etwas gestalten. Das kann man meistens nur, wenn man Entscheidungen treffen kann. Das war ein großer Motivator, diesen Schritt zu machen und sich dann noch mehr zuzutrauen“, beschreibt sie ihren Zugang. Mitgeprägt in ihrer Zielstrebigkeit hat sie auch ihr Leistungssport-Hintergrund. „Hier habe ich Disziplin, Hartnäckigkeit sowie Durchsetzungsfähigkeit entwickelt, aber auch Teamfähigkeit – nichts ist schöner, als gemeinsam Ziele zu erreichen“, so Miklas-Sauer.

Man muss zielgruppengerecht kommunizieren

Von Frauenstereotypen hält Miklas-Sauer wenig. „Es gibt ein Spektrum an Persönlichkeiten, unabhängig von Geschlecht, Herkunft, Religion etc.; was aber zählt: Wenn du keine eigene Meinung hast, dann wird für dich entschieden“, sagt sie und betont: „Wenn man mitgestalten will, dann muss man sich trauen, etwas zu sagen sowie andere zu überzeugen.“ Die Managerin ergänzt: „Wenn man versucht, die Bedürfnisse und Anforderungen des Gegenübers zu verstehen, dann kommt man gemeinsam einen guten Schritt weiter.“ Für Miklas-Sauer ist es wichtig, dass man in Meetings darauf achtet, ob immer dieselben Personen das Wort ergreifen oder auch andere zu Wort kommen. „Es ist essenziell, bewusst die Personen und Zielgruppen einzuladen, die noch nichts gesagt haben oder noch nicht involviert wurden, um nach ihrer Meinung zu fragen, sie abzuholen und Ideen Raum zu geben, aber auch Hinweise auf Hindernisse zu bekommen.“

Gestalten statt verwalten

Im HR-Management hätte sich, so die Head of HR der LGT in Österreich, vieles geändert. „HR bekommt in vielen Unternehmen einen Platz am Tisch. In der LGT sind die Mitarbeitenden wichtige Stakeholder, ebenso wie unsere Kunden und unser Eigentümer. Das zeigt sich auch in der Rolle von HR – weg vom reinen Verwalter hin zu mehr Mitgestaltung“, so Miklas-Sauer. „Alles in allem hat sich die HR-Arbeit in vielen Unternehmen auch inhaltlich stark verändert“, ist sie überzeugt. „Es gibt verschiedene Lebenszyklen sowie unterschiedliche Bedürfnisse und Kompetenzen in Unternehmen, aber auch bei Mitarbeitenden. Das bedeutet, dass man individuell auf die Situation eingehen muss, natürlich immer im Einklang mit den Unternehmenszielen und der Wertschöpfung“, so Miklas-Sauer. Im Fokus stehe die Suche nach dem gemeinsamen Nenner und die Betonung von Themen wie Eigenverantwortung und Flexibilität. „New Work und Agilität haben Einzug gehalten und ermöglichen letztendlich mehr Innovation sowie nachhaltige Entwicklung für Unternehmen. Dies erfordert eine andere Art der Führung. Auch hier kann HR-Management unterstützen“, so Miklas-Sauer.

Ehrgeizige Ziele

Die LGT hat in ihrer Strategie 30 % Frauen im Top-Management, 40 % im Management und 50 % auf Mitarbeitendenebene als Ziel bis 2030 verankert. „In Österreich beschäftigen wir 31 % weibliche Führungskräfte auf Management- und Top-Management-Ebene“, erläutert Miklas-Sauer.

Neben der Zielerreichung im Female-Leadership-Bereich werde global und lokal in Diversity- und Inclusion-Gruppen gearbeitet. „Inklusivität ist uns wichtig. Aktuell setzen wir Initiativen unter dem Motto „Unconscious Bias“ und „Perspective X Change“ um, erklärt Miklas-Sauer und sagt abschließend: „Jeder von uns hat Vorurteile. Wichtig ist das Bewusstsein darüber und immer wieder einen Schritt zurück zu machen, diese zu hinterfragen, offen zu bleiben und zu lernen. Nichts hindert uns, jeden Tag ein Stückchen weiterzuwachsen – am besten gemeinsam.“


Gestalten statt verwalten: flexible Arbeitsmodelle und Netzwerke als Schlüssel zur erfolgreichen Vereinbarkeit von Beruf und Familie

Birgit Miklas-Sauer, Head of HR in Österreich, Teil des globalen LGT HR-Managementteams und Mitglied des Managementboards der LGT Bank in Österreich, unterstreicht im Gespräch mit dem Bankenverband die Bedeutung von Gestaltungswillen, Zusammenarbeit sowie Flexibilität im Beruf auf dem Weg an die Führungsspitze.

ZINGL: Wie kam es zu der Entscheidung, im Finanz- und Bankenbereich zu arbeiten? Und wann haben Sie Ihre Karriere im Personalbereich der LGT Bank gestartet?

MIKLAS-SAUER: Mein Vater war bereits im Bankensektor tätig. Ich bin somit in gewisser Weise mit der Bankenwelt aufgewachsen. Aus diesem Grund war es zuerst nicht mein Plan, in dieses Umfeld einzusteigen. Ich habe Psychologie studiert und mich auf Klinische Psychologie und Wirtschaftspsychologie spezialisiert. Danach habe ich bei der Unternehmensberatung Deloitte gearbeitet und dort, als eines meiner ersten Projekte, Potenzialanalysen mitaufgebaut sowie Change-Prozesse begleitet. Während meiner Tätigkeit im Consulting-Bereich konnte ich einen großen Teil der Finanzbranche in Österreich kennenlernen.

So befreite ich mich relativ schnell von meinen Vorurteilen, dass die Bankenbranche ein trockenes bzw. verstaubtes Arbeitsumfeld ist. 2007 wechselte ich von Deloitte zur Österreichischen Volksbanken AG. Mit meinem damaligen Chef konnte ich die Personalabteilung in Richtung People & Culture komplett neu ausrichten und mitaufbauen – eine wunderbare, erfüllende Aufgabe der Neugestaltung. Die Finanzkrise ruptierte dann die klassische HR-Arbeit in der Bank. Statt um Talent Management ging es um Personalabbau, Verkauf von Unternehmensanteilen sowie nachhaltige Retention von Key Playern. Eine menschlich herausfordernde Situation, bei der mir mein Change-Management-Know-how und Psychologiestudium geholfen haben. Im Team konnten wir damals neue Lösungen identifizieren und umsetzen, die es noch in keinem Lehrbuch gab.

Seit 2016 leite ich die Human-Resources-Abteilung der LGT Bank Österreich und bin seit 2021 Mitglied des lokalen Managementboards. Gestartet habe ich zuerst mit 80 %, da zwei meiner Kinder noch im Kindergarten waren, allerdings habe ich meine Stunden sehr rasch auf Vollzeit erhöht. In dieser Funktion hatte ich von Beginn an – noch viel mehr als in meinen vorherigen Funktionen – die Möglichkeit, Lösungen einzubringen sowie die HR-Organisation weiterzuentwickeln.
 

ZINGL: Haben Sie sich eigentlich im Laufe Ihrer Karriere immer wieder berufliche Ziele gesetzt, also schon von Anfang an und dann bei jedem Wechsel? Oder haben sich die Ziele sozusagen am Weg ergeben?

MIKLAS-SAUER: Mein Credo ist: Ich will gestalten. Gestalten kann man natürlich leichter, wenn man in der Position ist, Entscheidungen treffen zu können. Es war mir immer wichtig, Ziele gemeinsam zu erreichen – und nicht auf Kosten anderer.

Mit intrinsischer Motivation, Lösungsorientierung, einer gewissen Leidensfähigkeit sowie Disziplin und vor allem den richtigen Menschen an der Seite kommen immer wieder Chancen, die man dann auch ergreifen muss. Mein Leistungssport-Hintergrund aus der Rhythmischen Sportgymnastik hat mir hier sicherlich auch geholfen.
 

ZINGL: Aus Ihrer Erfahrung als Personalistin, haben Sie den Eindruck, dass Frauen vielleicht nicht unbedingt die großen Kommunikatorinnen ihrer eigenen Leistung sind? Anders gesagt: Sollten Frauen sich mehr vor den Vorhang und ins Licht stellen?

MIKLAS-SAUER: Das kann man nicht verallgemeinern. Wie überall gibt es ein Spektrum an Persönlichkeiten. Damit Menschen gehört werden, braucht es einerseits eine inklusive Working Culture, aber natürlich auch den Mut, die eigenen Punkte an- und auszusprechen. Gerade in Meetings oder Gruppen achte ich sehr genau darauf, ob alle gehört wurden oder ob immer dieselben Personen das Wort ergreifen. Es ist essenziell, bewusst die Personen einzuladen, die noch nichts gesagt haben und zu fragen: Was ist deine Meinung dazu? So entstehen die besten Ideen.
 

ZINGL: Man kann hier also nicht nach Geschlecht verallgemeinern?

MIKLAS-SAUER: Nein, insbesondere junge Menschen haben bereits in der Schule oder an der Universität gelernt zu präsentieren. Hier sehe ich einen deutlichen Unterschied zur älteren Generation.

Aber es gibt ein Entwicklungsfeld: Wenn man merkt, dass jüngeren Kolleginnen oder Kollegen nicht richtig zugehört wird, muss man das einfach konkret ansprechen und dem entgegenwirken.
 

ZINGL: Was verändert sich zurzeit beim HR-Management im Bankenbereich? Gibt es da Unterschiede zwischen „Wie gehe ich mit jüngeren und älteren Kollegen um“ – in der Motivation und all diesen Dingen?

MIKLAS-SAUER: HR-Management ist flexibler geworden. Wir arbeiten mit Lebens- bzw. Arbeitszyklen. Jede Phase fordert von uns unterschiedliche Angebote und Lösungen. Das bedeutet, dass man im Einklang mit den Unternehmenszielen und -strategien sowie letztlich der Wertschöpfung, so weit möglich, auch individuell auf die Situation der Mitarbeitenden eingehen können sollte. Moderne New-Work-Konzepte berücksichtigen diese Individualität bereits und fordern eine neue Form der Mitarbeiterführung. Das HR-Management kann nur den Rahmen bieten, die Führungskräfte sind gefordert, sich selbst stetig weiterzuentwickeln und ihre Mitarbeitenden zu unterstützen.
 

ZINGL: Sie haben nicht nur die Leitung des Personalbereichs bei der LGT inne, sondern sind auch im Managementboard der LGT vertreten – dort die einzige Frau. Gibt es von Ihrer Seite strategische Ziele in Bezug auf Frauenförderung, nämlich Top-Karrieren für Frauen zu ermöglichen sowie generell Chancengleichheit bei der Karriere sicherzustellen?

MIKLAS-SAUER: Da hilft sicherlich ein Mix an Initiativen. Bei der LGT haben wir uns im Rahmen unserer Nachhaltigkeitsstrategie konkret zum Ziel gesetzt, bis 2030 30 % Frauen im Top-Management und 40 % Frauen im Management zu haben. Dafür wurden konkrete Maßnahmen gesetzt wie z. B. die Arbeit an den Recruiting Guidelines, Global Female Mentoring, Diversity Dashboard, Talent Management, Succession Planning etc. In Österreich liegen wir heute bei 31 % auf Management- und ebenso auf Top-Management-Ebene.

Wir haben in jedem Land eine lokale Diversity- und Inclusion-Gruppe, die jeweils passende Maßnahmen plant. Dieses Jahr stehen verschiedene Initiativen im Bereich „Unconscious Bias“ und „Perspective X Change“ im Fokus. Denn wir glauben, dass man sich zwar die besten Ziele vornehmen kann, aber es sind diese Biases, also die unbewussten Vorurteile, derer man sich einfach bewusst werden muss.
 

ZINGL: Gab es in Ihrer Karriere Mentoren oder Vorbilder für Ihren beruflichen Werdegang?

MIKLAS-SAUER: Stark geprägt haben mich meine beiden Omas, die mir sehr schnell mitgegeben haben: Du musst als Frau finanziell unabhängig sein.

Außerdem hatte ich das Glück, ganz tolle Menschen gleich zu Beginn meiner Karriere bei Deloitte zu treffen, wie Gundi Wentner, die mir einerseits die Bankenbranche nähergebracht, mich herausgefordert und andererseits als weibliche Führungskraft und Feministin viel mitgegeben hat. Gefördert wurde ich auch stark von all meinen männlichen Führungskräften in der Volksbank und der LGT, die mir immer wieder mehr zugetraut haben als ich mir selbst.
 

ZINGL: Sie sind Mutter von zwei Töchtern. Oft wird die Familiengründung und Mutterschaft als Unterbrechung der Karriere betrachtet, zumindest als eine Art Pause – wie haben Sie persönlich das Thema Familiengründung in Ihrer Karriere erlebt?

MIKLAS-SAUER: Ich hatte nie vor, meine Arbeit oder mein Lernen zu unterbrechen, daher habe ich selbst es auch nie so erlebt, da ich immer entweder fachlich durch Weiterbildung oder auch beruflich mit sehr kurzer Unterbrechung tätig war. Ich hatte das Glück eines guten persönlichen Netzwerkes. Trotzdem war es natürlich eine Herausforderung, alles unter einen Hut zu bringen – immer ist es mir nicht gelungen.

Allen, die Kinder möchten, würde ich jedoch raten, unbedingt schon vorher die Kinderbetreuung zu klären und die langfristige finanzielle Situation zu besprechen, wie beispielsweise Pensionssplitting, aber auch das Management des Familienalltags. Ich habe schon oft gesehen, dass unglaublich tolle, engagierte und kluge Frauen ganz schnell in die Situation kommen, dass sie komplett allein gelassen werden mit dem Thema Familienorganisation. Nicht nur der Wiedereinstieg in den Beruf ist dann schwer, sondern es kommt langfristig auch zu psychischen oder körperlichen Problemen. Es gibt so viele – insbesondere Frauen –, die Enormes leisten, aber dann trotzdem im letzten Lebensdrittel wirtschaftlich in die Bredouille kommen.
 

ZINGL: Haben Sie sich schon während der Schwangerschaft konkret darüber Gedanken gemacht, wann und wie Sie zurückkehren möchten? Oder wann haben Sie das gemacht? War der Zeitpunkt zu spät oder zu früh?

MIKLAS-SAUER: Bei meiner ersten Tochter habe ich sechs Wochen nach der Geburt einen Systemisches-Coaching-Lehrgang angefangen, also sofort mit Baby eine Weiterbildung gemacht. Ein halbes Jahr nach der Geburt bat mich mein damaliger Chef, wegen eines großen Projekts wieder zu starten, und ich war früher als geplant zurück. Ganz wichtig ist, dass man ein privates Netzwerk aufbaut, auf das man sich verlassen kann. Und „Frau“ muss ganz schnell ablegen, dass sie alles perfekt machen kann – das geht einfach nicht.
 

ZINGL: Gibt es in der LGT Maßnahmen, wenn die Mitarbeiterinnen nach der Karenz zurückkommen? Dass man ihnen flexible Modelle anbietet, Stichwort Homeoffice, Stichwort flexible Arbeitszeit?

MIKLAS-SAUER: Erstmal ist es wichtig, auch während der Karenz miteinander in Kontakt zu bleiben. Wir starten gerade mit einem Karenzcafé – eine Initiative der D&I Gruppe. Alle unsere Kolleginnen und Kollegen werden auch in der Karenz zu den Mitarbeiterevents eingeladen. Bei der Rückkehr gibt es das Angebot – so wie bei Neueintritten –, an den Onboarding Days teilzunehmen. Manches ist dann nur ein Wiedersehen, vieles ist aber oft schon nach kurzer Zeit einfach neu. Wir haben sogenannte Buddys für unsere neuen Mitarbeitenden, die man im Team organisiert – diese Option gibt es natürlich auch für Wiedereinsteigerinnen und Wiedereinsteiger.

Von den Arbeitszeiten her bieten wir eine Homeoffice-Möglichkeit (bis zu 40 %). Dazu haben wir ein Gleitzeitmodell, jedoch ohne fixe Kernzeiten. Wie zu Beginn schon gesagt, versuchen wir, so individuell und flexibel wie möglich auf unsere Mitarbeitenden einzugehen.