Österreichs Banken sind gut für den wirtschaftlichen Neustart nach der COVID-19-Krise gerüstet und tragen wesentlich zur Bereitstellung von dringend erforderlichen Finanzmitteln für Unternehmen und Private bei. Die Themen Digitalisierung und Zukunftsvorsorge gewinnen durch COVID-19 an Bedeutung.
Von einer allgemein positiven Konjunktur getragen, haben die österreichischen Banken ein gutes Geschäftsjahr 2019 absolviert. Während vor allem die Inlandsnachfrage das Wachstum des realen Bruttoinlandsprodukts (BIP) 2019 stützte, ließ die Exportdynamik zur Jahresmitte nach. Unsicherheitsfaktoren waren geopolitische Spannungen wie der Handelsstreit zwischen China und den USA sowie der bevorstehende Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU. Dennoch ergab sich für das Gesamtjahr 2019 ein Wirtschaftswachstum von 1,5 Prozent. Dieses positive wirtschaftliche Umfeld schlug sich 2019 in der Profitabilität der österreichischen Banken nieder, die die Kreditvergabe deutlich ausweiten konnten. Unternehmenskredite legten 2019 um 6,2 Prozent auf insgesamt 163,4 Milliarden Euro zu, die Ausleihungen an private Haushalte stiegen im Jahresabstand um 4,2 Prozent auf 168,8 Milliarden Euro. Gleichzeitig erhöhte sich das Einlagenvolumen von Unternehmen bei österreichischen Banken um 5,2 Prozent auf einen neuen Höchststand von 70,9 Milliarden Euro.
„Für die Banken haben sich im Jahr 2019 insgesamt positive Rahmenbedingungen geboten. Wie schon im Jahr davor konnten dadurch erneut mehr Kredite an Unternehmen und private Haushalte vergeben werden. Die Ertragslage der österreichischen Banken wurde 2019 von einem gestiegenen Nettozins- und Provisionsergebnis bestimmt. Allerdings sind auch die Aufwendungen aufgrund von erhöhten Risikovorsorgen gestiegen”, so Robert Zadrazil, Präsident des Bankenverbandes. Daraus ergab sich ein leicht verringertes konsolidiertes Jahresergebnis von rund 6,7 Milliarden Euro. Es liegt um 202 Millionen Euro (-2,9 Prozent) unter dem Ergebnis von 2018 (6,9 Milliarden Euro).
Dank dieser stabilen Ertragslage, den niedrigen Kreditzinssätzen und dem hohen Bestand an kurzfristig verfügbaren Bankeinlagen sind die österreichischen Banken für die Bewältigung der besonderen Herausforderungen durch COVID-19 gut gerüstet. „Vor dem Hintergrund des pandemiebedingten Konjunktureinbruchs gilt es jetzt einerseits, der Wirtschaft und den Unternehmen weiterhin mit voller Kraft zur Seite zu stehen, dringend benötigte Liquidität zur Verfügung zu stellen und flexibel auf die Bedürfnisse und Anforderungen unserer Kundinnen und Kunden zu reagieren. Andererseits werden die österreichischen Banken weiterhin alle notwendigen Maßnahmen setzen, um ihre eigene Stabilität für die kommenden Jahre zu sichern und für eine gut abgestimmte, zielorientierte Zusammenarbeit mit Regulatoren, Aufsichtsbehörden und Stakeholdern zu sorgen“, sagt Bankenverbandspräsident Zadrazil.
Seit dem Ausbruch der COVID-19-Pandemie im März 2020 und dem vorübergehenden Shutdown der Wirtschaft zur Eindämmung der Pandemie haben die Banken in Österreich gezeigt, dass sie ihren Kundinnen und Kunden weiterhin wie gewohnt zur Verfügung stehen, die Bargeldversorgung flächendeckend und unverändert sicherstellen und den Zahlungsverkehr mit allen Bezahlmöglichkeiten gewährleisten. Darüber hinaus wurde rasch gehandelt, um Überbrückungsfinanzierungen und Maßnahmen zur Liquiditätssicherung verfügbar zu machen. „Wir haben alle Hebel in Bewegung gesetzt, um den Neustart der Wirtschaft in Österreich zu unterstützen: Seit Beginn der Krise im März bis zum Stichtag 29. Mai 2020 haben die Banken in Österreich insgesamt zusätzliche liquide Mittel in Höhe von rund 28 Milliarden Euro an heimische Unternehmerinnen und Unternehmer vergeben. Darüber hinaus wurden rund 194.000 freiwillige Stundungen bei Kreditzahlungen im Ausmaß von rund 29 Milliarden Euro vorgenommen. Rund 111.000 Stundungen mit einem Volumen von fast fünf Milliarden Euro sind im Rahmen des gesetzlichen Moratoriums erfolgt. Mit Stundungen und Rahmenerhöhungen sorgen wir dafür, dass unsere Kunden liquide bleiben und insbesondere auch weiterhin zur jetzt so wichtigen Ankurbelung der Binnennachfrage in Österreich beitragen können“, so Robert Zadrazil.
Die österreichischen Banken haben in den letzten Jahren ihre Eigenkapitalreserven deutlich gestärkt. Insbesondere haben sie ihr Krisenpolster, also ihr hartes Kernkapital, zwischen 2008 und 2019 von acht auf rund 16 Prozent verdoppelt und das Volumen der faulen Kredite von 14 auf rund zwei Prozent abgebaut. Zahlreiche Banken haben auf die Ausschüttung von Dividenden und die Zahlung von Managerboni für das Jahr 2019 verzichtet bzw. diesbezügliche Beschlussfassungen im Rahmen von Hauptversammlungen auf einen späteren Zeitpunkt verschoben.
Damit die Banken die außergewöhnlichen Hilfsmaßnahmen der österreichischen Bundesregierung auf den Weg bringen konnten, mussten zunächst die Rahmenbedingungen für das Bankgeschäft, die durch europäische und nationale Regularien und Gesetze vorgegeben sind, entsprechend adaptiert werden. „Als Bankenverband haben wir gemeinsam mit dem Europäischen Bankenverband (EBF) und in Zusammenarbeit mit weiteren europäischen Bankenverbänden die zuständigen europäischen Institutionen und Behörden am 11. März 2020 kontaktiert. In einem gemeinsamen Schreiben haben wir neben einer koordinierten Vorgehensweise ein Maßnahmenpaket vorgeschlagen, das die Folgen der COVID-19-Pandemie für Unternehmen, insbesondere für KMU, MitarbeiterInnen und KundInnen abfedert“, erklärt Bankenverbandspräsident Zadrazil.
Seither wurden milliardenschwere Hilfspakete der Regierung vorbereitet sowie Veränderungen der Rahmenbedingungen für die Kreditvergabe durch die Banken angepasst. Die Änderungen beinhalten unter anderem eine vorübergehende Lockerung der Eigenkapitalvorschriften für Banken, ohne jedoch deren Stabilität zu gefährden, sowie eine Verschiebung der bereits länger geplanten Einführung von neuen, verschärften Eigenkapitalvorschriften („Basel IV“), die nun erst ab 2022 gelten sollen.
Neben der erforderlichen Anpassung der regulatorischen Rahmenbedingungen haben sich die österreichischen Banken um die raschestmögliche Anpassung ihrer internen Prüf- und Abwicklungsprozesse für Kredite und Stundungen bemüht. „Alle Banken haben praktisch über Nacht ihre Teams und Arbeitsabläufe komplett neu geordnet. Zum Schutz der MitarbeiterInnen und KundInnen wurde überall weitgehend auf Homeoffice umgestellt. KollegInnen aus dem Backoffice wurden zur verstärkten Unterstützung der Kundenbetreuung eingesetzt, IT-Prozesse wurden regelmäßig an die neuen Anforderungen aus den COVID-Hilfspaketen angepasst. ProgrammiererInnen waren rund um die Uhr im Einsatz, um die mehrfach geänderten Vorgaben für beschleunigte und vereinfachte Kreditprüfungen und -abwicklungen zu implementieren. Das alles ist letztlich hervorragend gelungen. Daher möchte ich an dieser Stelle auch allen Beschäftigten im österreichischen Bankensektor ein großes Danke für ihren Einsatz aussprechen. Sie haben sich in diesen herausfordernden Zeiten sehr verantwortungsbewusst gezeigt“, so Zadrazil.
Zadrazil hebt einen zusätzlichen wichtigen Punkt hervor: „Als großer Arbeitgeber sind die heimischen Banken selbst ein wichtiger Wirtschaftsfaktor: Wir sorgen dafür, dass unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter als Konsumenten beim Neustart der Wirtschaft mithelfen können – indem wir auf Kurzarbeit verzichten und bei der Vereinbarkeit von Kinderbetreuung und Arbeit größtmöglich flexibel sind.“
Generell wird COVID-19 zu Veränderungen in der Bankenbranche führen. Wie ein aktuelles Hypothesenpapier des Marktforschungsunternehmens marketmind für den Bankensektor festhält, dürfte sich vor allem die Rolle der Bankfiliale nach Corona verändern. „Durch die Ausgangsbeschränkungen haben zahlreiche Kundinnen und Kunden festgestellt, dass sich viele Bankgeschäfte sehr gut online abwickeln lassen. Wir gehen davon aus, dass sich diese Entwicklung fortsetzt und in den Filialen künftig eher nur noch Beratung für komplexe Produkte und individuelle Lösungen stattfindet“, sagt Birgit Schrenk, Senior Research Consultant bei marketmind. Ebenso wird nach Annahme von marketmind der Vormarsch von Mobile Payment durch die aktuelle Situation deutlich beschleunigt werden. „Durch die Pandemie haben viele Kundinnen und Kunden Mobile Payment erstmals ausprobiert. Wenn ihre erste Erfahrung damit positiv war und sie festgestellt haben, dass alles problemlos funktioniert, werden sie diese Zahlungsoption weiterhin nützen“, so Schrenk.
Gleichzeitig könnte auch der Wunsch nach persönlichem Kontakt zum Bankberater bzw. zur Bankberaterin stärker werden – also etwa im Rahmen von Videotelefonie. „Durch den Digitalisierungsschub der letzten Wochen sind Tele- und Videokonferenzen für viele Menschen, die bisher nichts damit zu tun hatten, plötzlich „normal“ geworden. Sie dürften sich – auch innerhalb der Generation 50 plus – als durchaus praktikabel und effektiv herausgestellt haben und könnten nun zum neuen Standard in der Beratung werden“, ist Schrenk überzeugt.
Darüber hinaus sieht die Marktforschungs-Expertin die Banken im Hinblick auf COVID-19 als wesentlichen Teil der Lösung: „Die Banken haben jetzt viele Maßnahmen ergriffen, um negative finanzielle Auswirkungen auf ihre Kundinnen und Kunden zu minimieren und eine umfassende Beratung anzubieten. Das kann sich positiv auf das Vertrauen in die Banken und die Kundenbindung auswirken. Das Thema Vertrauen ist bekanntlich in schwierigen wirtschaftlichen Situationen ein wichtiges Kaufentscheidungskriterium.”
Das gleiche gilt im Hinblick auf die Nachfrage nach Produkten zur finanziellen Absicherung. Bankenverbands-Generalsekretär Gerald Resch: „In diesen Zeiten der Krise wird dem einen oder anderen bewusst, dass es lohnen könnte, sich stärker um die eigene finanzielle Absicherung und die Absicherung der Familie zu kümmern. Die Banken stehen hier mit entsprechender Beratung und passenden Lösungen zur Verfügung.“
Rückfragen für MedienvertreterInnen:
für den Bankenverband:
MMag. Edith Holzer, M.A.
+43 (0) 664 124 0362
edith.holzer@clear-id.net
für die UniCredit Bank Austria:
Mag. Matthias Raftl
+43 (0) 50505 – 52809
matthias.raftl@unicreditgroup.at
für marketmind:
Mag. Birgit Schrenk
+43 (1) 369 46 26 – 30
b.schrenk@marketmind.at