26. April 2022
Zwei Monate Krieg in der Ukraine: Österreichs Banken prognostizieren Wachstumsrückgang
Die österreichischen Banken prognostizieren einen deutlichen Rückgang des Wirtschaftswachstums bei gleichzeitig starker Inflation. „Die für 2022 eigentlich guten Wachstumsaussichten müssen signifikant nach unten revidiert werden. Wie stark dieser Rückgang am Ende sein wird, hängt allerdings von den weiteren politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen ab“, so Robert Zadrazil, Präsident des Österreichischen Bankenverbands und Vorstandsvorsitzender der UniCredit Bank Austria. Reflektierend auf den Ökonomischen Ausblick des Bankenverbands zum Kriegsbeginn am 24.02.2022 erklärt Zadrazil: „Inflation, Logistik und die geopolitische Lage sind und werden weiterhin die Herausforderungen im wirtschaftlichen Erholungsprozess bleiben.“
Der Konjunkturindikator der UniCredit Bank Austria ist im März 2022 auf 1,3 Punkte gefallen und im Vergleich zum Februar um 2,5 Punkte zurückgegangen. Das ist der schwerste monatliche Einbruch seit dem ersten pandemiebedingten Lockdown im April 2020. Die durch den Krieg weiter gestiegenen Rohstoffpreise haben die Inflation dagegen deutlich verstärkt. Im ersten Quartal betrug die durchschnittliche Inflationsrate fast 6 Prozent. „Trotz einer im März noch guten wirtschaftlichen Lage sinken die Erwartungen der Industrie deutlich“, ordnet Gerald Resch, Generalsekretär des Österreichischen Bankenverbands die derzeitige Stimmungslage ein.
Starke Inflation stellt EZB vor schwierige Entscheidung
Die starke Inflation stellt die EZB dabei vor eine schwierige Entscheidung. „Bei den steigenden Energiepreisen ist die Zinspolitik, isoliert betrachtet, größtenteils wirkungslos. Das Risiko von nachgelagerten, konjunkturellen Folgen wiegt für die EZB derzeit schwerer als der Handlungsspielraum im Hinblick auf die Inflation“, führt Franz Gasselsberger, Vizepräsident des Bankenverbands und Generaldirektor und Sprecher des Vorstandes der Oberbank aus. Das Bankhaus Carl Spängler kommt zu einer ähnlichen Einschätzung: „Der rapide Inflationsanstieg macht Zinserhöhungen notwendig, andererseits könnte dadurch das Wachstum weiter gebremst werden“, ergänzt Werner Zenz, Vizepräsident des Bankenverbands und Sprecher des Vorstandes des Bankhaus Carl Spängler.
Verbraucher im Fokus
Waren es zu Beginn des Krieges vor allem die hohen Energie- und Rohstoffpreise, rückt die Situation der Verbraucher mittlerweile zunehmend in den Mittelpunkt. „Das Inflationsgeschehen hat deutlich an Dynamik und an Breite zugenommen. Der Preisanstieg betrifft mittlerweile die meisten Gütergruppen, und er wird bei den Verbrauchern spürbarer“, erklärt Zenz. Im Euroraum liegt der Kaufkraftverlust der letzten sieben Jahre bei 14,5 Prozent, eine jährliche Inflation von 2 Prozent war auch das Ziel der EZB. So ist die Lage in der heimischen Wirtschaft noch nicht allzu angespannt. Geprägt wird der geschwächte Konjunkturindikator jedoch vor allem durch die eingebrochene Stimmung bei den Konsumenten. „Die Verunsicherung durch den Ukraine-Krieg und die gestiegenen Lebenshaltungskosten sind derzeit deutlich zu spüren, das wirkt sich auf die Ausgabenplanung für die nächsten Monate aus“, so Zadrazil.
Was bringt die Zukunft?
Das hohe Inflationsniveau wird in naher Zukunft erhalten bleiben. Die UniCredit Bank Austria rechnet bis zur Jahresmitte mit einer sogar noch steigenden Inflationsrate, die in der zweiten Jahreshälfte aufgrund der sich stabilisierenden Energiepreise abflachen wird. Für 2022 erwartet die Unicredit Bank Austria eine durchschnittliche Inflation von 5,9 Prozent, für 2023 wird ein Rückgang auf 2,3 Prozent erwartet. Die Oberbank betont in diesem Kontext die wachsenden Staatsschulden. Der Wandel in der Energiepolitik, Neuaufstellungen in den Produktionsketten, der Ausbau des Verteidigungsapparats und staatliche Förderprogramme könnten die öffentlichen Ausgaben anfachen. „Das könnte seinen Preis haben – Inflation bei gleichzeitig schwachem Wachstum und niedrigen Zinsen“, warnt Gasselsberger. „Entscheidend werden für den Umgang mit diesen Entwicklungen wirtschaftspolitische Fragen sein. Dazu gehört natürlich die Energieversorgung, aber es muss sich auch die Frage gestellt werden, wie einkommensschwächere Gruppen unterstützt werden können, deren finanzieller Spielraum durch die Inflation noch stärker eingegrenzt wird als er ohnehin schon ist“, so Resch abschließend.
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